Fragt mich jemand nach meinem Beruf, antworte ich gern mit: „Ich bin Ghostwriter“. Nicht selten folgen verwirrte Blicke sowie ein „Was ist das?!“ Die Arbeit eines Ghostwriters ist einfach erklärt: Er schreibt Texte, die der Auftraggeber/die Auftraggeberin als eigene nutzen und (gegebenenfalls) als die eigenen ausgeben darf. Welche Auswirkungen das hat? – Wir klären das mal auf.
Warum Ghostwriting durchaus sinnhaft ist
Wer Brötchen braucht, geht zum Bäcker. Gemüse gibt es auf dem Markt, Honig beim Imker und auch sonst: Lebensmittel kaufen wir vom Produzenten oder Fachhändler. Handwerksleistungen beziehen wir vom Profi (oder spielen Heimwerker).
Das Schreiben von Werbetexten, Reden und Blogartikeln lernt niemand in der Schule. Warum also zweckdienliche Texte nicht erstellen lassen? Ghostwriter und Texter sind eine Mischung aus Maul- und Handwerker. Sie verbinden Wörter zu Sätzen und Sätze zu Texten, die wiederum einen Sinn erfüllen (sollen). Doch (Werbe-)Text ist nicht gleich Werbetext. Einen Blogartikel zu schreiben, ist leicht. Einen Blogartikel zu verfassen, der gelesen und geteilt wird, erfordert hingegen Kenntnisse der Lesergruppe, deren wortästhetische Vorlieben sowie technisches Verständnis zu Keywords und SEO.
Wozu sich plagen? Ghostwriter sparen Zeit und damit Geld. Im besten Fall erfüllen sie das Optimum des Dienstleistungsdreiecks: Schnelle Ergebnisse in herausragender Qualität zum besten Preis.
Ghostwriter oder Texter
Im Prinzip ist jeder Texter, der von einer Drittpartei einen Auftrag erhält, ein Ghostwriter. Texter klingt nur seriöser. Ob es ein Text für eine Website ist, eine Rede, die verfasst werden darf oder ein Buch: Sobald der Autor des Werkes ein anderer ist, als jener, der auf dem Cover steht, ist der Urheber ein Ghostwriter. Fert’sch.
Die eigentliche Absurdität liegt in der Seriösitätsbetrachtung. Nach eigenen Umfragen verbinden viele Menschen das Ghostwriting mit der (scheinbar illegalen) Erstellung akademischer Arbeiten. (Dazu hat eRecht24 im Übrigen einen interessanten Artikel veröffentlicht.)
Doch die Legalität entbindet meines Erachtens nicht von der Frage, welche Form des Ghostwritings ich anbieten möchte. Viele Ghostwriter arbeiten im akademischen Sektor und fertigen für Studenten und Abschlusskandidaten Seminarprotokolle und Studienarbeiten im großen Stil. Ich lehne diese Form des Schreibens ab. Gern helfen sowohl meine Kolleg*innen als auch ich, wenn es um Sachbücher, Aufsätze und Vorträge geht und übernehmen entsprechende Projektaufträge. Eine Arbeit, welche als Voraussetzung zur Erlangung eines Titels dient, wird durch meine/unsere Feder/n hingegen nicht entstehen.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, eine Abschlussarbeit lektorieren oder korrigieren zu lassen. Auch die Frage nach konkreter Hilfe kann dazu führen, dass ein versierter Texter eine Passage tippt. Die komplette Arbeit erstellen zu lassen, halte ich hingegen für … mir fehlt das Wort. Ich glaube einfach, dass jemand, der seine Bachelor-, Master- oder Diplomarbeit oder gar die Dissertation schreiben lässt, nicht verstanden hat, worum es im Studium geht.
Wer seine Bachelor-, Master- oder Diplomarbeit oder gar die Dissertation schreiben lässt, hat nicht verstanden, worum es im Studium geht.
Ghostwriting legal
Ist Ghostwriting legal? – Kurzum: Das Schreiben selbst, solange es nicht dem konkreten Betrugsfall dient, ist erlaubt. Alles weitere müssen entsprechende Stellen bzw. auch das eigene Moralverständnis klären.